Mehr als die Hälfte aller Parteien, die vor Gericht einen Vergleich schließen, sind mit den vereinbarten Ergebnissen unzufrieden. In nahezu allen zivilrechtlichen Verfahren werden die Parteien durch die Gerichte zu einem Vergleich hin beraten. Klassisches Merkmal bei nahezu allen dieser Vergleiche ist die Tatsache, dass beide Seiten §ein wenig“ nachgeben und damit auch immer beide im Ergebnis verzichten müssen.
Erstaunlicherweise ist es so, dass verglichene Parteien, obwohl Sie zum Beispiel zumindest die Hälfte der ursprünglichen Forderungen von der Gegenseite bekommen, dann sogar mit einem klageabweisenden Urteil und damit ggf. einem drohenden Untergang Ihrer Gesamtforderung grundsätzlich zufriedener wären. Die Gründe für eine solche sonderbar erscheinende Einstellung sind jedoch vielfältig. Insbesondere ist es das Gefühl des neuerlichen Nachgebens und damit eine weiteren Gefühls eines Verlierens, und zwar auf beiden Seiten. Dies führt dann schnell dazu, dass bei beiden Parteien starke negative Emotionen entstehen. Da die Erinnerung daran auch über die Beendigung des Verfahrens selbst hinaus weiterbesteht, und die eigentlichen Inhalte immer mehr ins Vergessen geraten, sind durch einen solchen Vergleich die Beziehungen zwischen den Parteien fast immer langfristig gestört und die grundsätzliche Bereitschaft überhaupt noch einmal vor Gericht zu gehen gering.
Ähnliche Ergebnisse, wenn gleich auch eine geringere Anzahl unzufriedener Menschen, gibt es bei anderen Schlichtungs- oder Streitbeilegungsverfahren, wenn und soweit auch diese nur ein Ergebnis vorweisen können, bei dem beide Seiten wieder nachgeben, und sich in einer „vernünftigen“ Mitte treffen mussten.
Nicht zuletzt auch aus dem Grund dieser Unzufriedenheit und der fehlenden Perspektiven für mögliche positive langfristige Verbindungen mit der ehemaligen Konfliktpartei, bietet sich ein Mediationsverfahren an. Bei diesem ist nicht das Nachgeben beider Seiten bis zu dem Grad einer möglichen Übereinkunft mit dem „geringsten Übel“ das Ziel, sondern das begleitete und geführte Erreichen einer Lösung und damit auch eines möglichst über dem eigentlichen Konflikt stehenden Abschlusses, der den Konfliktpartien ein zukünftiges Zusammenwirken ermöglicht. Zudem hat ein Mediationsverfahren immer auch das Ziel, dass beide Parteien auch weit über die Beilegung des jeweiligen Konfliktes hinaus ein hohes Maß an Zufriedenheit erleben können.
Eine solche echte Zufriedenheit ist nicht möglich, wenn eine dritte Person die Parteien in eine Lösung im Rahmen eines „beiderseitigen Nachgebens“ führt oder sogar drängt, sondern in der Regel nur dann, wenn die Parteien von sich aus unter Leitung und Führung eines professionellen Mediators eine für alle Konfliktpartien positiv bewertete und empfundene Lösung gemeinsam erarbeiten können.